Wasserstoff - Deutschlands einzigartige Chance

Wasserstoff – Deutschlands einzigartige Chance

Wasserstoff kommt eine bedeutende Rolle in der Transformation hin zu einer klimaneutralen Wirtschaft zu. Im Interview ordnet Prof. Dr. Sabrina Zellmer, Stellvertretende Institutsleiterin und Abteilungsleiterin Verfahrens- und Fertigungstechnik für nachhaltige Energiespeicher am Fraunhofer-Institut für Schicht- und Oberflächentechnik IST, den aktuellen Stand der Wasserstoffwirtschaft ein.

Frau Prof. Zellmer, Wasserstoff verspricht eine Transformation der Wirtschaft in Richtung Nachhaltigkeit – doch der Weg dorthin ist lang. Was tut sich hier aktuell?

Besonders erfreulich sind die Fortschritte bei der Planung des deutschen „Wasserstoff-Kernnetzes“ durch die Fernleitungsnetzbetreiber (TSOs). Zudem hat die EU-Kommission die beiden delegierten Rechtsakten zur Definition von grünem Wasserstoff im Rahmen von RED II erlassen. Das schafft benötigte Rechtssicherheiten, welche für Strombezugskriterien erfüllt werden müssen, damit erzeugter Wasserstoff aus der Elektrolyse als grün definiert wird.

Welche Rolle spielt die Wasserstoffinfrastruktur in der Entwicklung hin zu einem klimaneutralen Energiesystem?

Die Wasserstoffinfrastruktur spielt eine entscheidende Rolle für die Skalierung der Wasserstoffwirtschaft. Wir sehen deutliche Fortschritte beim Aufbau der Infrastruktur, sowohl für Importe von großen Wasserstoffmengen über den Seeweg als auch für die Versorgung der Großindustrie. Wie diese Infrastruktur über Netzentgelte finanziert werden kann, ist noch unklar. Aktuell gewinnen Wasserstoffkraftwerke in Deutschland eine immer größere Bedeutung und können eine Alternative für die zukünftige Stromerzeugung sein, wenn andere regenerative Energiequellen, etwa Wind und Sonne, aufgrund ungünstiger Witterungsbedingungen nicht zur Verfügung stehen. Obwohl wasserstoffbetriebene Gaskraftwerke noch nicht marktreif sind und Entwicklungszeit benötigen, sollten sie bereits bei der Planung der Elektrolysestandorte berücksichtigt werden. Für eine großvolumige Wasserstoffproduktion und zugunsten eines effizienteren Netzausbaus spielt der Standort des Elektrolyseurs eine entscheidende Rolle, um Engpässe im Stromnetz zu vermeiden. Gleichzeitig kann die Gesamtakzeptanz der Energiewende gesteigert werden, indem Wasserstoff die Resilienz der Stromerzeugung erhöht und Deutschland schneller auf fossile Kraftwerke verzichten kann.


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Das Kabinett hat am 26. Juli 2023 die Fortschreibung der Nationalen Wasserstoffstrategie (NWS) beschlossen. Inwiefern zahlen diese Bemühungen der Bundesregierung auf die Bewältigung der aktuellen Herausforderungen ein?

Die Fortschreibung der nationalen Wasserstoffstrategie ist international ein deutliches Zeichen, dass die Politik den Markthochlauf der Wasserstoffwirtschaft fördern will. Sie zeigt damit, dass Deutschland eine große Chance besitzt, global eine führende Marktposition als Wasserstofftechnologieland einzunehmen. Deutschland leistet einen wichtigen Beitrag zur Steigerung der Produktionskapazitäten von Elektrolyseuren und bei der Weiterentwicklung von Elektrolysetechnologien. Dennoch ist der Markthochlauf kein Selbstläufer. Weitere Schritte, wie eine Wasserstoffimportstrategie für Deutschland und die Sicherstellung von Nachhaltigkeitskriterien entlang der gesamten Lieferkette, sind bereits angekündigt.

Damit Deutschland die Transformation hin zu einem Industriestandort, der auf Wasserstoff basiert, gelingt, braucht es Forschung und Qualifizierung. Wie sehen die Qualifizierungsmöglichkeiten für Fachkräfte in der Wasserstoffbranche aus?

Mit dem Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft muss auch ein Hochlauf der Qualifizierung einhergehen. Das heißt, der Bedarf an Kompetenzen steigt bei gleichzeitig einem breiter werden Kompetenzspektrum, also die Fähigkeiten und Fertigkeiten, die so genannten Skills, die uns ermöglichen, die Transformation ohne die Gefahr eines Fachkräftemangels zu meistern. Dabei gibt es ein vielfältiges Angebot von Bildungsträgern, die Qualifizierungsmöglichkeiten im Bereich Wasserstoff anbieten. Bei der Wahl sollten Interessierte aus der Fach- und Führungsebene von Unternehmen, Behörden oder Fördermittelgebern berücksichtigen, welches Wissen sie benötigen, welche Art der Vernetzung und welcher Abschluss für sie relevant ist und wie viel Zeit sie investieren können. Ein Beispiel dafür ist der Ansatz der Fraunhofer Academy: E-Learning-Angebote vermitteln umfangreiche Grundlagen, Präsenz-Schulungen bieten die Möglichkeit zur Vertiefung und zum Austausch mit Expertinnen und interaktive Methoden fördern ein tiefes Verständnis für Anwendungen. Von Grundkenntnissen über Sicherheitsfragen bis hin zu Produktion, Projektplanung und -steuerung, Prozessoptimierung sowie Strategie decken die Kurse eine Vielzahl von Sektoren entlang der Wasserstoffwertschöpfungskette ab. Thematisch wird das Angebotsspektrum ebenfalls stetig breiter. Dennoch ist es in diesem dynamischen Umfeld wichtig, die Kompetenzbedarfe der Unternehmen zu berücksichtigen und mit ihnen gemeinsam passgenau Qualifizierungsmaßnahmen zu entwickeln.


 

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Infos über die Autorin:

Fraunhofer-Institut für Schicht- und Oberflächentechnik IST
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Abteilung Verfahrens- und Fertigungstechnik für nachhaltige Energie

Unsere Expertin im Interview

Prof. Dr. Sabrina Zellmer, Fraunhofer IST

Prof. Dr.-Ing. Sabrina Zellmer

Stellvertretende Institutsleiterin und Abteilungsleiterin Verfahrens- und Fertigungstechnik für nachhaltige Energiespeicher
Fraunhofer-Institut für Schicht- und Oberflächentechnik IST

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