Wasserstoffstrategie

Fachkräftemangel gefährdet Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft

Liebe Leserinnen und Leser, die Aussage in der Überschrift ist nicht von mir. Sie ist die paraphrasierte Zusammenfassung aus unterschiedlichen Studien, Impulspapieren und Projekten zum Wasserstoff sei es vom VDE, VDI, DVGW, BMWK oder DIHK. Wasserstoff entwickelt sich mehr und mehr zum Hoffnungsträger für eine versorgungssichere und klimafreundliche Zukunft für Deutschland, kaum ein Tag ohne News zu neuen technologischen Durchbrüchen, neuen Infrastruktur- oder milliardenschweren Förder- und Transformationsprojekten. Die Bundesregierung beispielsweise fördert die Technologie im Rahmen der Nationalen Wasserstoffstrategie. Doch wie soll es gelingen, diese Pläne umzusetzen, wenn die dazu notwendigen Kompetenzen fehlen und auch nicht klar ist, wie diese aufgebaut werden sollen? Hier klafft in Deutschland eine Lücke zwischen Wunsch und Wirklichkeit.

Mit der Nationalen Wasserstoffstrategie will sich Deutschland als Industriestandort der Zukunft positionieren und mithilfe von Grünem Wasserstoff Wettbewerbsfähigkeit erhalten, Klimaschutzziele erreichen und neue Märkte erschließen. Dazu fördert die Bundesregierung Initiativen und Reallabore, hat ein Nationales Innovationsprogramm eigens für die Verkehrsdimension aufgesetzt und die Lotsenstelle Wasserstoff eingerichtet, bei der Interessierte geeignete Förderoptionen für ihre Vorhaben finden. Wie diejenigen, die mit Wasserstoff jetzt und künftig arbeiten, sich konkret ihr Wissen aneignen können – das muss sich allerdings noch zeigen.

Fachkräfte für alle Sektoren

Das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) gelangt in einem Forschungsprojekt zu dem Schluss, dass zumindest keine zusätzlichen Ausbildungsberufe notwendig sein werden. Technische Systemplaner*innen, Anlagemechaniker*innen, Mechatroniker*innen, Chemikant*innen, Elektroniker*innen für Automatisierungstechnik sowie Fachkräfte für Schutz und Sicherheit zählen zu den Profilen, auf die es ankommt. Diese und andere Berufsgruppen sind notwendig, um Anlagen zur H2-Erzeugung zu entwickeln, zu errichten, zu überprüfen und in Betrieb zu nehmen. Aber auch, um sie zu betreiben, instand zu halten und die Sicherheit zu überwachen.

Der Prozess beginnt aber schon früher. Denn es gilt auch, Entscheider*innen, Fachkräfte und Verantwortliche in der Breite zum Thema Wasserstoff und dessen Bedeutung fürs Unternehmen zu sensibilisieren. Das ist notwendig, damit sie ganz individuell Potenziale und Herausforderungen ausloten können. Hier sind Politik, Wirtschaft, Verbände und Bildungsinstitutionen gefragt, zunächst Kompetenzen aufzubauen. Denn noch fehlt es an Wissensträger*innen, die das erforderliche Know-how auch weitergeben können. Fraunhofer steht an diesem Punkt mit Forschungskompetenz und erfahrenen Köpfen bereit, um zu unterstützen.

Die IHK Lüneburg-Wolfsburg beispielsweise hat Weiterbildungsbedarfe im Zusammenhang mit Wasserstoff systematisch identifiziert. Zentrales Ergebnis: Damit der Markthochlauf des Wasserstoffsektors gelingt, müssen Fachkräfte in ausreichender Zahl qualifiziert werden. Dazu sollten schon jetzt Weiterbildungskapazitäten entstehen, um dem drohenden Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Im Zug der Marktvorbereitung sollten zudem Standards formuliert und auch das Thema Arbeitssicherheit mitgedacht werden.

Berufsbegleitende Weiterbildung

Denn damit die Transformation hin zu einem Industriestandort gelingt, der auf Wasserstoff basiert, braucht es Forschung, Innovation und Qualifizierung. Für die berufsbegleitende Transformation gilt es, verschiedene Fragen zu klären: Wie sieht die Roadmap eines Unternehmens in Bezug auf Wasserstoff aus? Wie stark ist es von der Transformation betroffen? Welche Kompetenzen sind aufzubauen? Die Fraunhofer Academy gibt für die verschiedenen Zuständigkeitsebenen Orientierung. Im Zertifikatskurs „Fachwissen Wasserstoff“ etwa lernen Teilnehmer*innen die Grundlagen rund um das Thema Wertschöpfungskette der Wasserstoffwirtschaft kennen. In der Weiterbildung „Wasserstoff für Fach- und Führungskräfte“ eignet sich diese konkrete Zielgruppe forschungs- und praxisnahe Kompetenz für die komplexen Herausforderungen in diesem innovativen Sektor an. Hinzu kommen konkret auf Branchenfelder bezogene Angebote, etwa der Zertifikatskurs „Wasserstoff Anwendungen in der Mobilität“.

Mit Grünem Wasserstoff hat Deutschland die Chance, sich als innovativer Industriestandort zu positionieren, die Energiewende voranzutreiben und neue Wertschöpfung zu generieren. Ohne die geeigneten Kompetenzen auf Fach- und Führungsebene wird es allerdings schwierig, diesen Weg erfolgreich zu beschreiten. Deshalb gilt es schon jetzt, Initiative zu ergreifen und Wissen aufzubauen, damit aus diesen Potenzialen nicht vertane Chancen werden.

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