Trainer und Trainerinnen sowie Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen, die Weiterbildungen, Seminare oder Trainings in der Fraunhofer-Gesellschaft gestalten, stehen häufig vor der Herausforderung, komplexes Forschungswissen anwendungsnah und mit modernen Lernmethoden einem breiten Publikum zugänglich zu machen und für die verschiedenen Zielgruppen verständlich aufzubereiten. An diesem Punkt setzt das Zertifikatsprogramm „Certified Scientific Trainer*in“ (CST) an, bei dem Mitarbeitende der Fraunhofer-Gesellschaft sowie Projekt- und Hochschulpartner*innen ihr Trainings-Know-How professionalisieren können. Durch das Programm sollen sie dazu befähigt werden, eigene innovative Weiterbildungsformate planen und durchführen zu können und so die Weiterbildungslandschaft neu zu gestalten. Die Konzeption von Weiterbildungen steht dabei im Zentrum des Programms, da die Teilnehmenden innerhalb ihrer Fachrichtungen oftmals die Ersten sind, die aus aktuellen Forschungserkenntnissen neue und moderne Weiterbildungsformate konzipieren. Eine derartige Vorreiterrolle nimmt auch der Wissenschaftler und CST-Teilnehmer Alexander Geng (Fraunhofer ITWM) ein, der uns in einem Interview spannende Erfahrungen über seine Teilnahme am Certified Scientific Trainer*in weitergeben konnte.
Es gibt mittlerweile viele verschiedene Anbieter von Trainerausbildungen. Aus welchen Gründen hast du dich für eine Teilnahme am Certified Scientific Trainer*in der Fraunhofer Academy entschieden?
Einige Kolleg*innen und ich hatten eine Quantenschulung, bei der auch Raphaela Schätz mit dabei war. Über diesen direkten Kontakt zu einer der beiden Entwicklerinnen des Weiterbildungsprogramms habe ich dann vom Certified Scientific Trainer*in erfahren. Ein für mich persönlich sehr überzeugender Aspekt des CST war, dass dieser aufgrund seines Ursprungs innerhalb der Fraunhofer-Gesellschaft zum einen die hohen Standards von Fraunhofer widerspiegelt und somit eine Art Qualitätssiegel ist, sowie zum anderen auch ein Best Practice Beispiel darstellt, wie gelungene Weiterbildung bei Fraunhofer aussehen kann.
Der Certified Scientific Trainer*in ist eine berufliche Weiterbildung, die während der regulären Arbeitszeit stattfindet. Worauf sollte man achten, um die Anforderungen des beruflichen Alltags sowie die Weiterbildung gut zu vereinbaren?
Eine klare Kommunikation mit Kolleg*innen und der Führungskraft vor Ort ist meiner Meinung nach entscheidend, um sich effektiv auf den CST vorzubereiten. Es ist wichtig, allen im Vorfeld der Weiterbildung offen mitzuteilen, dass man zu bestimmten Zeiten an einer Weiterbildung teilnimmt und daher nicht immer verfügbar oder erreichbar ist. Auf diese Weise können Kolleg*innen und Führungskraft berücksichtigen, dass anfallende Aufgaben möglicherweise nicht sofort erledigt werden können. Während meiner Teilnahme an der Weiterbildung hat mir auch eine klare Trennung zwischen den beruflichen Aufgaben und den Aufgaben für den CST geholfen. Durch eine bewusste Zeitplanung konnte ich mich entweder gezielt mit meinen beruflichen Aufgaben beschäftigen oder dem CST und der Prüfungsvorbereitung widmen. Eine frühzeitige Suche nach einem Ersatz unter den Kolleg*innen für Meetings, bei denen man aufgrund von Terminkollisionen mit dem CST nicht anwesend sein kann, hat bei uns ebenfalls gut funktioniert. Diese Vorbereitung, Planung und klare Kommunikation im Vorfeld hat es uns ermöglicht, mir den Weg während der Weiterbildung zu ebnen und alles zeitlich gut miteinander zu vereinbaren.
Zertifikatskurs Certified Scientific Trainer*in – From Research to Capacity Building: Upgrade your Training Knowledge
Die Weiterbildung besteht insgesamt aus acht Trainingstagen. Wie kann man sich einen solchen Trainingstag aus Sicht eines Teilnehmenden beim Certified Scientific Trainer*in vorstellen?
Neben der Wissensvermittlung und dem Lernen steht im Vergleich zu manchen anderen Weiterbildungen beim CST auch das soziale Miteinander stark im Fokus. Man wird zunächst sehr stark willkommen geheißen und es werden ausreichend Möglichkeiten für das Kennenlernen und Vernetzen unter uns Teilnehmenden geschaffen, beispielsweise durch verschiedene Kennenlernaufgaben gleich zu Beginn der Weiterbildung, viele Gruppenübungen oder auch die beiden Abendevents im Verlauf des CST. Neben sehr spannenden und lehrreichen Wissensinputs sind die Trainingstage durch die aktive Mitarbeit von uns Teilnehmenden sehr interaktiv abgelaufen, was den ganzen Trainingstag auflockert. Zusätzlich waren die Trainingstage geprägt von vielen Gruppenübungen, mal in kleineren und mal in größeren Kleingruppen, in denen man gemeinsam das Gelernte anwenden oder sich in der Gruppe neues Wissen aneignen konnte. Die wechselnden Gruppenkonstellationen haben außerdem dazu beigetragen, die anderen Mitteilnehmenden des CST und deren eigene Weiterbildungsprojekte besser kennenlernen zu können. Obwohl das ganze Training online ablief, konnte durch die vielen Gruppenarbeiten und die Interaktivität ein gutes Gruppengefühl aufgebaut werden. Auch als Teilnehmer*in wird man während des Trainings immer wieder selbst aktiv, bekommt die Möglichkeit während der Weiterbildung in die Trainer*innen-Rolle zu schlüpfen und kann die neu gelernten Fähigkeiten ausprobieren und auf das eigene Weiterbildungsprojekt übertragen.
Wie du eben bereits angesprochen hast, arbeiten während dem Certified Scientific Trainer*in alle Teilnehmenden kontinuierlich an ihrem eigenen Weiterbildungsprojekt. Was genau bedeutet das?
Nachdem zunächst gemeinsam zentrale Informationen im Training erlernt wurden, folgten stets Übungsmöglichkeiten zur Anwendung des neu Erlernten sowie zur kontinuierlichen Weiterentwicklung des eigenen Weiterbildungsprojekts. Uns Teilnehmenden der Weiterbildung wird hier große Freiheit gewährt, da wir selbst entscheiden können, ob wir an einem bereits vorhandenen Projekt arbeiten oder uns ein eigenes Projekt/eine Weiterbildung ausdenken möchten, falls im Moment kein eigenes Weiterbildungsprojekt ansteht. Obwohl alle Teilnehmenden mit unterschiedlichen Projekten und in unterschiedlichen Projektphasen in den CST starteten, konnte jedem Einzelnen durch die vielen Übungen und anwendungsorientierten Aufgaben individuell geholfen werden. Aufgrund der unterschiedlichen Projektstände hatten wir Teilnehmenden während des CST unterschiedliche Schwerpunkte, die durch die breite Auswahl an Themen und Inhalten gut abgedeckt werden konnten. Trotz der Unterschiede in den Weiterbildungsprojekten und der verschiedenen wissenschaftlichen Fachrichtungen von uns Teilnehmenden konnte durch die vielen Übungen und anwendungsorientierten Aufgaben individuelle Unterstützung bei der Weiterentwicklung der eigenen Trainings geboten werden. Jede/r einzelne wurde dort abgeholt, wo er oder sie sich bei seinem oder ihrem Projekt gerade befand.
Mit welchem eigenen Projekt bist du in den Certified Scientific Trainer*in gestartet?
Gestartet bin ich mit dem Projekt „Quantum Technology Professional“, eine Quantencomputing Schulung auf Basic Level, die wir gemeinsam mit anderen Fraunhofer-Instituten konzipieren. Die immer weiter wachsenden Datenmengen und schneller ablaufenden Prozesse unserer heutigen Gesellschaft stellen zunehmend höhere Anforderungen, welche klassische Hardware und bisherige Computing-Technologien nicht mehr ausreichend erfüllen können. An dieser Stelle rücken Quantencomputer aufgrund ihrer schnelleren und effizienteren Arbeitsweise zunehmend in den Fokus. Angesichts der Aktualität und zunehmenden Relevanz dieser Thematik konnten wir einen großen Bedarf nach Aus- und Weiterbildung in Bereich Quantentechnologie identifizieren, der als Ausgangspunkt für die Entwicklung unseres eigenen Weiterbildungsformates diente.
Auch du hast während dem CST kontinuierlich an deiner eigenen Weiterbildung gearbeitet. Wie können wir uns dies vorstellen? Wie sahen deine einzelnen Schritte aus?
Als ich am CST teilnahm, hatten wir bereits mit der Entwicklung der Quantencomputing-Weiterbildung begonnen. Zu diesem Zeitpunkt waren zwar grobe Trainingsinhalte und der Ablauf festgelegt, jedoch fehlte es noch an der didaktischen und methodischen Ausgestaltung sowie der Formulierung von Lernzielen und Prüfungsfragen. In diesem Zusammenhang konnte ich die im CST vermittelten Inhalte, wie die korrekte Formulierung von Lernzielen, direkt in meinem eigenen Projekt anwenden. Durch die im Programm behandelten Themenbereiche Didaktik und Methodik hatte ich schließlich das nötige Hintergrundwissen, um die Weiterbildungsinhalte didaktisch fundiert zu konzipieren und mit geeigneten Trainingsmethoden zu ergänzen. In den Gruppenübungen konnten wir Teilnehmenden uns gegenseitig regelmäßig den Stand unserer Weiterbildungen vorstellen und wertvolles Feedback direkt in unsere Konzepte einfließen lassen.
Inwiefern wurdest du bei der Weiterentwicklung deines eigenen Projektes im Rahmen des CST unterstützt?
Die ganze Weiterbildung ist aufgrund der vielen Partner- und Gruppenübungen sehr interaktiv gestaltet. Neben den konstruktiven Rückmeldungen und Verbesserungsvorschlägen der anderen Teilnehmenden in den stets wechselnden Gruppenkonstellationen, war meiner Meinung nach sehr hilfreich und spannend während den Gruppenübungen zu sehen, wie die anderen Mitteilnehmenden das neu Erlernte umsetzen und anwenden. Dadurch haben sich für mein eigenes Weiterbildungsprojekt neue Ideen und Impulse für passende Anwendungs- und Umsetzungsmöglichkeiten ergeben. Ein weiterer hilfreicher Aspekt war das Feedback aus Expert*innensicht der erfahrenen Trainerinnen Lena und Raphaela, wodurch man neben der Meinung der anderen CST Teilnehmenden auch nochmal Feedback aus einer weiteren Perspektive erhalten hat.
Was hat sich seit deiner Teilnahme am CST bei deinem eigenen Projekt getan? Kannst du uns mehr von dem Ziel und dem aktuellen Stand deiner Weiterbildung erzählen?
Unsere Quantenschulung ist Teil eines umfassenderen Weiterbildungsprojekts, das auf dem „Quantum Technology Professional“ aufbaut. Zusätzlich bereiten wir derzeit eine „Quantum Machine Learning“ Schulung für die interne Pilotierung vor. Hier bin ich nicht nur in der Organisation tätig, sondern auch als Trainer aktiv, was mir dank meines neu erworbenen Trainings-Know-How aus dem CST möglich ist. Unsere Schulung wurde zunächst als interne Veranstaltung mit mehreren Fraunhofer-Instituten, einer Universität und zwei weiteren Instituten durchgeführt. Ich hatte das Vergnügen, an einem der Trainingstage als Trainer zu agieren und habe dafür äußerst positive und hilfreiche Rückmeldungen erhalten. Insbesondere der Einsatz von Conceptboard als online Whiteboard für die digitale Zusammenarbeit sowie die Interaktivität meines Trainings, was mir beides durch den CST näher gebracht wurde, wurden sehr geschätzt.
Wie hat sich dein beruflicher Alltag am ITWM seit deiner Teilnahme verändert (z.B. berufliche Position/Tätigkeit verändert)?
Mit dem Beginn meiner Promotion habe ich auch angefangen, mich stärker mit Quantencomputing zu beschäftigen und mich inhaltlich eingehender einzuarbeiten. Über einige berufliche Meetings und Besprechungen sind wir am ITWM schließlich auch in Berührung mit dem Thema Schulungen und berufliche Weiterbildungen gekommen, wodurch letztendlich auch die Weiterbildung „Quantum Technology Professional“ entstanden ist. Bezogen auf dieses Weiterbildungsprojekt lag unser Aufgabenschwerpunkt am ITWM zunächst in der Leitung sowie der Organisation der Weiterbildung. Durch meine Teilnahme am CST ist zu meinem bisherigen Hauptaufgabenschwerpunkt der Forschung und meiner Promotion noch ein weiterer Aufgabenbereich dazugekommen, nämlich der Bereich der Trainingskonzeption und -durchführung, da ich nun auch als Trainer im „Quantum Technology Professional“ tätig bin. Außerdem konnte ich durch kleinere interne Vorträge und Trainings mein neues Wissen aus dem CST an Kolleg*innen weitergeben und so die Trainingskompetenzen und -kenntnisse am ITWM stärken.
Inwiefern helfen dir die neu erlernten Inhalte und Kenntnisse des Certified Scientific Trainer*in seit dem Abschluss der Weiterbildung bei der Bewältigung deines beruflichen Alltags?
Hier muss ich sagen, dass mein beruflicher Tätigkeitsschwerpunkt momentan eher in der Forschung und meiner Promotion liegt, bei welcher ich die Weiterbildungsinhalte nicht direkt anwenden kann. Dennoch sind durch meine Teilnahme am Certified Scientific Trainer*in viele Schulungen und Trainings vermehrt in den Aufgabenbereich unserer Abteilung am ITWM gefallen, die eine gute Möglichkeit darstellen, dieses neu im CST erlernte Wissen weiter anwenden und vertiefen zu können. Auch nach Abschluss der Weiterbildung sind alle Trainingsunterlagen weiterhin verfügbar, sodass ich bei aufkommenden Fragen rund um die Konzeption unserer eigenen Weiterbildung „Quantum Technology Professional“ immer wieder etwas nachlesen kann. Für die fachliche Weiterentwicklung der Weiterbildung sind dabei vor allem die ganzen Trainingsunterlagen des CST sehr nützlich, wie zum Beispiel der Ablaufplan oder der Methodenkoffer. Für meine persönliche Weiterentwicklung waren vor allem die Themen rund um die Kommunikation und Feedback besonders relevant.
Anhand deiner Ausführungen konnte man gut erkennen, was für eine große Wirkung der CST haben kann. Wem würdest du eine Teilnahme am Certified Scientific Trainer*in daher empfehlen?
Eine Teilnahme würde ich generell allen Personen empfehlen, die noch kein trainingsspezifisches Hintergrundwissen haben und neu mit der Thematik Weiterbildungen/Trainings/Schulungen in Berührung kommen. Zudem würde ich den Certified Scientific Trainer*in auch denjenigen weiterempfehlen, bei denen die Konzeption und Durchführung von Weiterbildungsformaten als neuer beruflicher Aufgabenbereich hinzukommt oder möglicherweise bereits ein konkretes Weiterbildungsprojekt ansteht, aber die nötige Erfahrung fehlt, diese mit fundierten Kenntnissen zu konzipieren und durchzuführen.
Vielen Dank Alex für den Einblick in den Certified Scientific Trainer*in aus Sicht eines ehemaligen Teilnehmenden und Absolventen des Programms. Weiterhin noch viel Erfolg bei eurem „Quantum Technology Professional“ und allen euren zukünftigen Projekten.
Unser Experte im Interview:
Alexander Geng, M. Sc.
Wissenschaftlicher Mitarbeiter und Doktorand
Fraunhofer-Institut für Techno- und Wirtschaftsmathematik ITWM
Das könnte Sie auch interessieren:
Dr. Raphaela Schätz ist seit Oktober 2016 für die Themenbereiche Didaktik und Qualitätsmanagement an der Fraunhofer Academy zuständig und dabei vor allem im Projekt Lernlabor Cybersicherheit tätig.
Frau Dr. Schätz studierte von 2006 bis 2011 Pädagogik an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München und promovierte dort 2016 in Pädagogischer Psychologie.
Zuvor arbeitete Frau Dr. Schätz als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der LMU in der Arbeitsgruppe von Professor Mandl und beschäftigte sich u.a. mit den Forschungsthemen Lernen und Lehren in virtuellen Lernumgebungen sowie Evaluation.