Die Weiterbildungseinrichtung der Fraunhofer-Gesellschaft Fraunhofer Academy feierte 2021 ihr 15-jähriges Jubiläum. Im Interview spricht Leiter Dr. Roman Götter über Höhepunkte, Herausforderungen und die Zukunft von Weiterbildung.
Die Fraunhofer Academy blickt auf 15 Jahre erfolgreiche Weiterbildungsarbeit zurück. Was wünschen Sie sich zu diesem Jubiläum?
Vor 15 Jahren waren wir ein Pionier in der deutschen Wissenschaftslandschaft – und sind es leider noch immer. Diese Pionierarbeit muss Mainstream werden. Wissenschaftliche Weiterbildung leistet einen zentralen Beitrag zum Wissenstransfer von der Forschung in die Anwendung. Inzwischen erreichen wir etwa 5.000 Teilnehmende pro Jahr. Und durch immer größere Umbrüche steigt der Bedarf an Weiterbildung in unterschiedlichsten Branchen auch weiter.
Was waren Ihre Highlights aus 15 Jahren Academy?
Zunächst mal ist es uns gelungen, die technologischen und gesellschaftlichen Umbrüche der vergangenen Jahre zeitnah in Weiterbildungsprogramme zu gießen. Highlights dabei waren für mich auf jeden Fall Großprojekte wie das Lernlabor Cybersicherheit. Dieses Thema wird mit zunehmender Digitalisierung immer entscheidender und unser Team stellt in einem etablierten Lernumfeld das nötige Wissen bereit.
Und wo lagen die größten Herausforderungen?
Insbesondere die Covid-19-Pandemie hat Denkschemata und Antwortkategorien radikal über den Haufen geworfen. Blended Learning hat für uns zwar schon immer eine Rolle gespielt, aber wir mussten von heute auf morgen fast komplett von Präsenz auf Online-Kurse umstellen. Doch wir nehmen die Veränderung positiv an. Uns agil und zukunftsgerichtet für neue digitale Lernwelten aufzustellen hat uns zwar aus einer Komfortzone gerissen, aber auch sehr bereichert.
Folgen aus der Corona-Pandemie bedeutende didaktische Trends?
Das Hybride wird bleiben. Manches lässt sich weiterhin am besten in Präsenz erleben, wie etwa unsere riesige Windkraft-Testanlage in Bremerhaven. Aber unsere Kundinnen und Kunden werden auch virtuelle und ortsunabhängige Lernerlebnisse von uns erwarten. Durch Virtual und Augmented Reality (VR und AR) können wir Bildung zunehmend auch digital durch Erlebnisse anreichern, die bis dahin nur in Präsenz möglich waren.
Was hat sich kundenseitig verändert?
Unternehmen erkennen, dass Re- und Upskilling immer wichtiger wird, um sich auf Umbrüche einzustellen. Der Stellenwert von Lernen steigt deshalb – bis hin zur Schaffung der Position des Chief Learning Officers. Erfreulicherweise steigt auch die Bereitschaft für unkonventionelles Lernen wie zum Beispiel das Lernen in einem Escape-Room-Szenario.
Wie unterstützt das Angebot der Fraunhofer Academy die Weiterbildung der Zukunft?
Die aktuelle Gesellschaft ist geprägt durch Marktverschiebungen und radikale Umbrüche wie etwa die Energie-, Mobilitäts- und Nachhaltigkeitswende. Wir wollen Unternehmen dabei unterstützen, diese Veränderungsprozesse zu gestalten und dabei auf den Menschen und die Lösung relevanter Probleme zu fokussieren.
Was sind die relevanten Bildungsthemen für Menschen in einer digitalisierten Zukunft?
Eine wichtige Rolle spielen die Digital-Themen KI, Blockchain, Datensicherheit, Kryptographie, aber auch Nachhaltigkeitsthemen wie Energieversorgung und Mobilität. Vor allem müssen wir uns aber auf unsere menschlichen Stärken besinnen, in Ergänzung zu einer immer leistungsstärkeren KI. Wir brauchen Menschen mit einer hohen Grundflexibilität, die sich schnell auf Neues einstellen und gleichzeitig in Zusammenhängen denken und Veränderungen vorantreiben können. Das Interesse und Fähigkeit, sich an die Gegebenheiten anzupassen und immer neu dazuzulernen wird noch viel wichtiger werden.
Jutta Haubenreich ist seit 2009 in wechselnden Rollen bei Fraunhofer Academy tätig. Sie war u.a. für das übergreifende Marketing der Fraunhofer Academy und für die Betreuung und Vermarktung von Fraunhofer-Weiterbildungsprogrammen im Bereich Energie und Nachhaltigkeit zuständig. Aktuell betreut sie insbesondere die Fraunhofer Wasserstoff Education Community. Von 2011 bis 2017 war sie Projektleiterin und Koordinatorin des BMBF-Verbundprojektes »mint.online: Berufsbegleitende Studienangebote in MINT-Fächern«.
Von 2015 bis 2022 promovierte sie berufsbegleitend am Institut für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung der LMU München zum Thema »Der Einfluss des Fernsehens auf Bildungsmotivation und -entscheidung«.