Was versteht man unter Quantencomputing und welches Potenzial hat diese Technologie für unsere Zukunft?

Von Slawistik und Theaterwissenschaft zu Informatik und Quantencomputing. Klingt auf den ersten Blick Ungewöhnlich? Gewiss ist das ungewöhnlich, aber nicht unmöglich. Ein Quereinstieg dieser Art ist gar nicht so selten und das Beispiel von Barbora Hrdá zeigt, was mit Begeisterung für Technik und Technologien alles möglich ist. Die Informatikerin forscht am Fraunhofer AISEC an Quantentechnologien und möchte ihre Begeisterung für das Thema teilen und anderen den Einstieg in die Thematik erleichtern.

Quantencomputing gilt als eine der neuen Zukunftstechnologien mit enormen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Potenzialen. Sie findet Anwendung in der Industrie, Wirtschaft und im Alltag von jedem von uns. Doch was versteht man eigentlich unter Quantencomputing?

Bei Quantencomputern handelt es sich um eine spezielle Art von Computern, denn sie berechnen Dinge in einer anderen Art und Weise als ein klassischer Computer. Alles, was ein klassischer Computer macht, egal, ob es sich um das Aufrufen einer Website oder das Schreiben von Dokumenten handelt, kann in sehr lange Abfolgen von 1 und 0 zerlegt werden. Mit diesen langen Abfolgen von 1 und 0 werden Berechnungen durchgeführt, die z.B. Videos abspielen oder uns das Ergebnis von 2+2 verraten. Mit einem Quantencomputer können wir mit mehr „Zuständen“ rechnen als mit 1 und 0. Dazu werden verschiedene quantenmechanische Eigenschaften wie Superposition und Verschränkung verwendet. Durch diese neue Art des Rechnens erhofft man sich neue Erkenntnisse und Entdeckungen, die den klassischen Rechnern bisher verborgen bleiben, z.B. für die Simulation des Wetters oder optimierte Verkehrswege, damit man weniger im Stau steht.

Quantencomputer sollen künftig Probleme binnen Sekunden lösen, für die herkömmliche Computer Jahre brauchen. Auch ihr Einsatzgebiet ist sehr vielseitig: Die Quantentechnologie findet in verschiedenen Bereichen wie der Medizin, Chemieindustrie, Ingenieurswesen, Logistik, Finanzwirtschaft und IT-Sicherheit ihren Einsatz. In welchem Bereich beobachtest Du bereits die größten Fortschritte?

In der Forschung passieren gerade an sehr vielen unterschiedlichen Ecken sehr spannende Dinge. Deswegen ist es schwer, einen einzigen Bereich mit den größten Fortschritten zu nennen. Der für mich spannendste Bereich ist die IT- Sicherheit. Die erste Anwendung, die im Zusammenhang mit Quantencomputern oft genannt wird, ist das Brechen von heute gängigen Kryptoalgorithmen. Doch Quantencomputer bieten durch ihre quantenmechanischen Eigenschaften auch große Chance für die Kryptographie und IT-Sicherheit, indem neue Verfahren und Protokolle zur Absicherung unserer Daten und Kommunikation entwickelt werden.

Gemeinsam mit Deinem Team hast Du vom 20. April bis 14. Juni 2021 am von IBM organisierten Qiskit Hackathon Europe teilgenommen, bei dem sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus der ganzen Welt virtuell getroffen haben. Euer Projekt „Beat the Quantum Machine“ hat den Community Choice Award gewonnen. Durch die Entwicklung und Programmierung eines Othello-Spiels bietet Ihr Machine-Learning-Wissenschaftler*innen die Möglichkeit, ihre Algorithmen in einer Umgebung auszuprobieren, die sich nach festen Spielregeln verhält. Somit wird ihnen ein selbstlernender, KI-Quantenalgorithmen nutzender Spielpartner zur Verfügung gestellt. Ziel dabei ist, die Programmiersprache Qiskit und die Quanteninformatik auf spielerische Weise zu lehren und damit gleichzeitig die Forschung und Anwendung von Quanten-KI-Algorithmen voranzutreiben.

Wie bist Du auf die Idee gekommen ein Othello-Spiel für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die im Bereich Machine Learning tätig sind, zu entwickeln und programmieren?

Auf die Idee bin ich gekommen, als ich für den Wettbewerb nach einem Anwendungsfall gesucht habe, den man innerhalb von wenigen Wochen prototypisch umsetzen kann. Ich habe im Studium zwei Arbeiten zu künstlicher Intelligenz geschrieben und erinnerte mich daran, dass neue Algorithmen in diesem Bereich oft an Spielen getestet wurden, da sie eine abgegrenzte Umgebung mit festen definierten Regeln bieten. Othello habe ich gewählt, weil es eine ähnliche Komplexität wie Schach besitzt und weil ich erst vor Kurzem eine Python-Version davon implementiert hatte.

Am Fraunhofer-Institut für Angewandte und Integrierte Sicherheit AISEC forschst Du mit Deinen Kolleginnen und Kollegen an diesem und vielen weiteren Projekten rund um Quantentechnologien. Was fasziniert Dich an der Quantencomputingforschung?

Die Quantencomputingforschung arbeitet daran, die Funktionsweise von Computern neu zu erfinden. Dieser fundamental neue Ansatz regt meinen Wissensdrang an und eröffnet viele spannende Forschungsthemen. Dadurch, dass Quantencomputing noch in den Kinderschuhen steckt, ist das Feld sehr dynamisch und innovativ und so fordernd es auch manchmal ist, freue ich mich, dass ich meinen Teil zu dieser Forschung beitragen kann.

Zu Barbora Hrdá:

Barbora Hrdá (M.Sc.) ist wissenschaftliche Mitarbeiterin und Projektleiterin am Fraunhofer-Institut für Angewandte und Integrierte Sicherheit AISEC in Garching bei München. Der Fokus ihrer Arbeit im Bayerischen Kompetenzzentrum Quanten Security und Data Science (BayQS) umfasst Sicherheit durch, mit und trotz Quantencomputing. Ihr Forschungsschwerpunkt liegt dabei auf Methoden, die die Vertraulichkeit und Integrität der Datenverarbeitung auf Quantencomputern (QC) und QC Plattformen sicherstellen.

2 thoughts:


  1. Hans-Jürgen Steffens sagt:

    Durch eine mir sehr nahestehende Person bin ich auf diese Seiten gestossen.
    Bei Themen, die einem selbst nicht ganz fremd sind und populär aufbereitet werden sollen, gehe ich reflexhaft (wie ich zugeben muss) mit einer skeptischen Voreinstellung ans Lesen: Müsste man dem Autor nicht an der einen oder anderen Stelle etwas am Zeug flicken? Bei diesem guten Interview erschiene mir das kleinlich (bis kleinkariert). Insofern finde ich es etwas schade, dass mein Kommentar allem Anschein nach der erste und einzige zu dem Blogbeitrag ist. Was bedeuten könnte, dass die Visibility (noch) zu gering ist.
    Nichtsdestoweniger viel Erfolg und herzliche Grüße H.-J. S.

    P.S.
    Ist der Gender* wirklich unvermeidlich?

    • Lieber Herr Steffens, lange überfällig bedanken wir uns herzlich für Ihr tolles Feedback, das voll und ganz unserer Kollegin Barbora Hrdá gebührt. Wie Sie sehen, arbeiten wir noch an unserer Sichtbarkeit und Interaktivität. Umso mehr freut es uns, wenn so positiv kommentiert wird. Ihnen alles Gute!

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